Erst denken, dann sprechen

Eine unlösbare Aufgabe, weil doch jedem einmal ein falscher Satz herausrutschen kann? Nein, denn bei Licht betrachtet gibt es unbedachte Äusserungen gar nicht. Das, was wir als Bagatelle deklarieren, ist in Wirklichkeit respektlose Wortwahl. Denn nur, wenn ich keinen Respekt vor dem anderen habe, laufe ich auch Gefahr, entsprechend zu kommunizieren.
Wir brauchen heute mehr denn je ein respektvolles Miteinander, weil die Zahl der Kontakte rasant wächst und jeder Einzelne in immer mehr Gruppen und sozialen Netzwerken eingebunden ist. Ohne Respekt für das Gegenüber funktioniert kein Team, keine Familie, keine Nachbarschaft, egal auf welcher Ebene. Die damit verbundene Rücksicht, Wertschätzung und Aufmerksamkeit für andere und anderes verlangt eine Haltung, die von echtem Interesse für die Mitmenschen geprägt ist. Wer sich respektvoll verhält, der begegnet anderen auf Augenhöhe und mit grundsätzlichem Wohlwollen. Das verhindert in den meisten Fällen Aussagen, die als «unbedacht» verharmlost werden.
Für mich gehören Respekt und Herzensbildung zusammen, denn Letztere ist die Voraussetzung für die Achtung des anderen. Zwar ist jeder Mensch zum Mitgefühl fähig, aber ob er diese Fähigkeit auch tatsächlich einsetzt und fördert, hat viel mit seiner persönlichen Entwicklung zu tun. In unserer schnelllebigen, auf die Selbstoptimierung fokussierten Zeit scheint es mir vielerorts an Herzensbildung zu mangeln, was zwangsläufig über fehlenden Respekt zu unangemessener Kommunikation führt.
Wie aber können wir aktiv gegensteuern, um die negativen Folgen falscher Wortwahl zu verhindern? Zuallererst sollten wir uns klarmachen, dass egozentrische Kommunikation für den Augenblick von Vorteil sein mag, sich aber mittel- und langfristig nicht auszahlt. Andere Menschen spiegeln unser Verhalten sehr direkt. Nur wenn ich sie anerkennend, achtsam und ehrlich interessiert behandle, werde ich dies auch von ihnen erwarten dürfen. Genau das ist der Kern von Respekt – und damit der Kern funktionierender Kommunikation, die es ermöglicht, ein Problem fair auf Basis einer intakten Beziehung zu diskutieren.
Politische Korrektheit ist von grosser Bedeutung
Wer die gute Beziehung zum anderen nicht gefährden will, denkt und reflektiert, bevor er redet. Er stemmt sich gegen den Trend zu einer immer schnelleren, lauteren und schrilleren, vor allem digitalen Kommunikation. Er will nicht um jeden Preis auffallen und sichtbar sein, nicht in erster Linie die Zahl der Likes in sozialen Netzwerken maximieren. Online-Kommunikation erzeugt eine «digitale Entfremdung» und vermindert die so wertvolle Distanz, die uns im realen Leben normalerweise davon abhält, Dummes zu sagen oder zu tun, zu pöbeln, zu beleidigen und zu mobben. Schliesslich können solche Taten oder Äusserungen von Angesicht zu Angesicht unmittelbar drastische und womöglich handfeste Konsequenzen nach sich ziehen. Man ereifert sich schneller, wenn man weiss, dass das digitale Gegenüber eben nicht gleich durchs LAN-Kabel gesprungen kommt, um seinem Unmut auf analoge Weise Luft zu machen.
Nicht zuletzt sollten wir uns vor Augen führen, dass wir längst in einer multikulturellen Weltgemeinschaft leben, in der politische Korrektheit eine grosse Bedeutung hat. Flapsige Bemerkungen schlagen unverzüglich hohe Wellen und niemand kann mehr davor ausgehen, dass seine Art von Humor überall verstanden wird. Der Abstumpfung vieler Menschen durch Bilder aus Kriegs- und Krisengebieten, mit denen uns das Fernsehen täglich überschüttet, steht eine neue Sensibilität gegenüber. Diese korrespondiert mit der Sehnsucht nach Respekt und Wertschätzung. Wer das weiss, kann seine Meinung weiterhin klar ausdrücken, aber er wird dies sprachlich elegant und im Ton gewinnbringend tun.
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