Erfolg beruht nicht auf Rezepten, sondern auf Erkenntnissen

Dazu kamen Währungsschwierigkeiten. Die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigten aber auch hausgemachte Vorschriften. Die Zunftverfassung der Stadt St. Gallen schützte das heimische Handwerk. Im Jahre 1464 wurden vier Kaufleute bestraft, weil sie Leinwand in Bischofszell bleichen liessen. Dies alles förderte den Schulterschluss der Fernhändler. Die erste urkundlich nachweisbare Organisation der St. Galler Kaufleute bildete die Gesellschaft zum Notenstein, deren Anfang war am 15. August 1466. Ausgehend von diesem Datum feiert die IHK St. Gallen-Appenzell in diesem Jahr ihr 550-Jahr-Jubiläum.
Weltoffenheit
Sollen wir also in Erinnerungen schwelgen und die guten alten Zeiten hochleben lassen? Ich denke nicht. Viel lieber halte ich mich an die Erkenntnis von Jacob Burckhardt, dass Geschichte nicht klug für ein andermal, sondern weise für immer macht. Es geht nicht um Rezepte, sondern um Erkenntnisse. Unter anderem interessiert, was den langfristigen Erfolg der Wirtschaft im Bodenseeraum ausmacht. In erster Linie zeichneten sich unsere Unternehmen seit jeher durch ihre Weltoffenheit und ihre Internationalität aus. Anfänglich waren es die Fernhändler des Leinwandgewerbes, später die Baumwollindustrie und ganz besonders die Stickereibranche, die mit ihren Produkten die ganze Welt bedienten. Das gleiche gilt für den Maschinen- und Metallbau, der sich im Gleichschritt mit der Textilwirtschaft entwickelte. Dieser grossen Bedeutung der Exportwirtschaft ist auch unser Jubiläums-Motto verpflichtet: Seit 550 Jahren in der Ostschweiz zuhause und in der Welt daheim.
Nicht weniger entscheidend für den Erfolg der Textilindustrie im Bodenseeraum war aber die enge Zusammenarbeit über die politischen Grenzen hinweg. Man verstand sich als ein Wirtschaftsraum. Die Rohprodukte für das Leinwandgewerbe wurden rund um den Bodensee angebaut, zu Rohware verarbeitet und in den städtischen Zentren veredelt. Im Jahre 1751 sahen St. Galler Kaufleute an der Messe in Lyon, wie zwei «türkische Frauenzimmer» Seidenstoffe mit farbigen sowie goldenen und silbernen Fäden bestickten und kamen auf die Idee, diese Technik auf das Besticken von Mousselinegeweben zu übertragen. Als das Geburtsjahr der St. Galler Stickerei gilt das Jahr 1753, als die Firma Gonzenbach, Schlumpf und Söhne die ersten Stoffe zum Besticken ins Vorarlberg brachte.
Unternehmertum
Selbstverständlich ist die wirtschaftliche Entwicklung im Bodenseeraum keine reine Erfolgsgeschichte. Immer wieder gab es Rückschläge, forderte der Strukturwandel die Unternehmen heraus. Und immer wieder gab es weltoffene und innovative Unternehmer, die zu neuen Ufern aufbrachen. Wohl kein Zufall ist, dass diese als Einwanderer oder als europaweit tätige Kaufleute in der Politik vor Ort mehrheitlich nur eine untergeordnete Rolle spielten. Ihre Unabhängigkeit erlaubte es ihnen, Bestehendes in Frage zu stellen und mit neuen Produkten und vor allem mit einer neuen Produktionsweise auf veränderte Bedürfnisse und Rahmenbedingungen zu reagieren.
Der Weg aus wirtschaftlichen Krisen führte nie über politisch motivierte Sicherheitsversprechen und die Garantie des Status Quo. Entscheidend waren vielmehr veränderungsbereite Persönlichkeiten, die nicht den mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel verbundenen Gegenwind bekämpften, sondern die Segel neu setzten. Auch daran hat sich bis heute nichts geändert.
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