Braucht ein liberaler Staat Raumplanung?

Wir alle wissen: Liechtenstein ist mit seinen 160 km2 ein flächenmässig kleines Land. Die Siedlungsfläche beträgt sogar nur 11 % der Gesamtfläche, also lediglich 18 km2. Boden ist damit ein knappes Gut, was sich in den Grundstückspreisen widerspiegelt. Für viele wird es deshalb immer schwieriger oder unmöglich, Wohneigentum zu realisieren. Dies kann dazu führen, dass Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner im derzeit noch billigeren schweizerischen und österreichischen Rheintal Wohneigentum erwerben.
Stadtstaat Liechtenstein?
Heute leben 38 000 Personen in Liechtenstein, also 2100 Personen pro km2 Siedlungsfläche. Die Siedlungsdichte ist damit vergleichbar mit der Stadt St. Gallen. Liechtenstein verfügt aber über Bauzonen für 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie zusätzliche ausgeschiedene Zonen für die entsprechenden Arbeitsplätze. Wären diese Flächen vollständig überbaut, würde die Siedlungsdichte auf über 5500 Personen pro km2 ansteigen. Sie wäre damit deutlich höher als heute in Wien oder Zürich. Solche Vergleiche sind mit Vorsicht zu geniessen, zeigen aber eines deutlich auf: Bei voller Ausnutzung der Bauzonen würden in Liechtenstein städtische Verhältnisse herrschen.
Ist Wachstum schlecht?
Über die positiven und nachteiligen Aspekte von Wachstum lässt sich lange debattieren. Fakt ist aber, dass wirtschaftliches Wachstum aus verschiedenen Gründen notwendig ist, unter anderem für die Finanzierung der Sozialsysteme. Der Preis dafür darf aber nicht höher sein als die positiven Folgen des Wachstums. Zukunft.li hat in der Studie «Knacknuss Wachstum und Zuwanderung» aufgezeigt, dass die Lockerung der Zuwanderungsregeln hin zu einem freien Personenverkehr zwar absolut zu einer höheren Wirtschaftsleistung führen würde, durch ein noch stärkeres Bevölkerungswachstum aber die durchschnittlichen Einkommen pro Kopf abnehmen dürften. Eine Lockerung der Niederlassungspolitik wäre damit volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Zudem hätte die volle Personenfreizügigkeit weitere Folgen, z. B. in Bezug auf Infrastruktur oder Lebensqualität. Es müssen also nebst quantitativen auch qualitative Aspekte in solche Überlegungen einfliessen.
Zielkonflikte sind real
Die Berücksichtigung von qualitativen Zielen ist in Bezug auf die Nutzung des vorhandenen Lebensraums besonders wichtig. Dabei geht es nicht nur um Siedlungsflächen, sondern auch um Raum für Verkehr, Produktion, Landwirtschaft, Natur oder Naherholung. Zielkonflikte sind unausweichlich und müssen gelöst werden. Der Markt wird dies nicht regeln, da zu viele, teilweise diametrale Erwartungen verschiedener Anspruchsgruppen an dieselbe Fläche gestellt werden (z. B. Industriezone vs. Naherholungsgebiet).
Der Staat muss in Fragen der Raumplanung für einen Ausgleich der Interessen sorgen, wenn dies ohne sein Eingreifen nicht geschieht. Wohnen, Arbeiten, Sport und Freizeit, unberührte Natur etc. sind nur einige Funktionen, die der Raum erfüllen soll. Diese Zielkonflikte sind zu lösen, entsprechende Vorgaben für die räumliche Entwicklung müssen festgelegt werden. Die Behörden sollen sich aber wie bei jedem Eingriff in den Markt auf das minimal Notwendige beschränken. Mit dieser Einschränkung ist eine massvolle staatliche Raumplanung somit auch in einem liberalen Staat sinnvoll und notwendig.
Handlungsbedarf?
In Liechtenstein besteht seit 1967 ein Landesrichtplan, die Gemeinden sind aber gleichzeitig autonom bei der Zonenplanung für ihre Gemeinde. Nachdem ein entsprechendes Raumplanungsgesetz im Jahr 2002 vom Stimmvolk deutlich abgelehnt wurde, ist eine wirksame, die Gemeindegrenzen überschreitende sowie verbindliche Raumplanung nicht existent. Zukunft.li wird sich deshalb in den nächsten Monaten aus einer politisch neutralen Position mit der Frage beschäftigen, wo bei der Raumplanung in Liechtenstein Handlungsbedarf besteht und Empfehlungen für eine zukunftsgerichtete Raumplanungspolitik zur Diskussion stellen.
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