Die Traumtänzerin Ana Maria Crnogorcevic
Es sind aufregende Tage für Ana Maria Crnogorcevic. Vor zehn Tagen bestritt die 27-jährige Bernerin nach knapp sieben Saisons, über 150 Pflichtspielen und dem Gewinn der Champions League 2015 ihre vorläufig letzte Partie für den 1. FFC Frankfurt in der deutschen Bundesliga. Dann hiess es Nebenjob kündigen, Wohnung räumen, Visa organisieren, Vertrag unterschreiben, packen, ehe in dieser Woche der Zusammenzug mit der Schweizer Nationalmannschaft für das wegweisende WM-Qualifikationsspiel am Donnerstag gegen Schottland in Schaffhausen folgte.
Am Sonntag soll es dann losgehen in Richtung Portland an die amerikanische Westküste, sofern alle Dokumente rechtzeitig eintreffen. Für die Stürmerin, die in der Nationalmannschaft als rechte Aussenverteidigerin eingesetzt wird, geht mit dem Engagement bei den Portland Thorns in der National Women's Soccer League ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Seit zwei Jahren stand sie in Kontakt mit Portlands Trainer Mark Parsons. Ihre ehemalige Teamkollegin Nadine Angerer, einst die beste Torhüterin der Welt, gehört beim letztjährigen Meister zum Trainerstaff.
Das Pech einer anderen wurde Crnogorcevics Glück. Nachdem sich die Australierin Caitlin Foord am Fuss verletzt hatte, war im Kader der Thorns kurzfristig einer von vier Plätzen für eine ausländische Spielerin frei geworden. Crnogorcevic musste nicht lange überlegen, obwohl sie ihrem Trainer in Frankfurt mündlich bereits für eine weitere Saison zugesagt hatte. Eine im letzten Sommer vereinbarte Klausel erlaubte es ihr, bis Mitte März aus dem Vertrag auszusteigen und nach Portland zu wechseln, wo auch die kanadische Stürmerin Christine Sinclair engagiert ist.
Der Sprung über den Atlantik ist ein Eintauchen in eine neue Welt. Mehr als 17'000 Zuschauer verfolgten im letzten Jahr im Schnitt die Heimspiele der Thorns, der erste Heimauftritt am 15. April gegen Orlando Pride wird mit mehr als 20'000 Fans ausverkauft sein. "Das findet man im Klubfussball sonst nirgends", so Crnogorcevic. Noch immer sind die USA im Frauenfussball führend. Im Land des aktuellen Weltmeisters, das in den Neunzigerjahren mit Mia Hamm die erste weibliche Dollar-Millionärin des Soccers hervorgebracht hat, ist die Professionalisierung im Vergleich mit Europa weiter fortgeschritten, die Löhne besser, das öffentliche Interesse grösser.
Die höhere Wertschätzung bei ihrem vorerst bis Herbst befristeten Abenteuer im Bundesstaat Oregon schätzt Crnogorcevic ebenso, wie die Anonymität und die Privatsphäre, welche ihren männlichen Berufskollegen im Zeitalter von Social Media abhandengekommen ist. Ihr Horizont reicht weit über den Spielfeldrand hinaus. Im letzten Sommer heuerte die kaufmännische Angestellte bei einer Immobilien-Firma an, um jeweils morgens ein paar Stunden im Büro zu arbeiten. "Ich hatte das Gefühl, sonst zu verblöden." Wenn sie Leute kennenlernte, verschwieg sie gelegentlich ihren wahren Beruf und gab sich als Kassiererin aus, "damit nicht den ganzen Abend über Fussball gesprochen wurde".
Der Traum von Olympia
Noch ist aber vor allem der Fussball der Hort von Crnogorcevics Träumen. Ihr Ehrgeiz und ihre Motivation sind auch nach 101 Länderspielen, einer WM- und einer EM-Teilnahme ungebrochen. "Ich hoffe, es kommen noch ein paar Länderspiele und eine WM-Teilnahme hinzu." Seit bald einem Jahrzehnt ist sie in der SFV-Auswahl eine feste Grösse. "Eine absolute Führungsspielerin, die auch ausserhalb des Platzes sehr viele Inputs gibt", so Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg.
Dass Crnogorcevic mit 50 Toren auch die Rekordtorschützin ist, freut sie zwar, hat aber keine Priorität. "Ich schiesse lieber zwei Eigentore, wir gewinnen 3:2 und kommen weiter, als dass ich ein Tor mache und wir ausscheiden wie an der EM gegen Frankreich." Auch mit der SFV-Auswahl verfolgt sie noch einen ganz grossen Traum: die erstmalige Teilnahme an Olympischen Spielen 2020 in Tokio. (sda)
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