Massenprotest in Bukarest
Den dritten Abend in Folge gingen auch am Sonntag tausende Menschen in der Hauptstadt Bukarest auf die Strasse. Die Demonstranten versammelten sich erneut auf dem Siegesplatz vor dem Regierungssitz. Sie sangen die Nationalhymne und schwenkten rumänische Flaggen.
Zwar nahmen am Sonntag weniger Menschen teil als an den Vortagen, als zehntausende Demonstranten zusammengekommen waren. Aber viele der Teilnehmer kamen zum wiederholten Mal.
In Bukarest waren bei Zusammenstössen mit der Polizei am Freitagabend nach Angaben der Nachrichtenagentur Mediafax 452 Menschen verletzt worden, unter ihnen 35 Polizisten. Lautstark riefen die Teilnehmer Parolen wie "Gerechtigkeit statt Korruption!", "Schande!" und "Wir gehen erst, wenn ihr gegangen seid!"
Die Demonstranten forderten den Rücktritt der von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung. Ausserdem verlangten sie die Rücknahme jüngst beschlossener Gesetze, die prominente Politiker vor Strafverfolgung wegen Korruption schützen sollen. Ausser in Bukarest protestierten Tausende in Städten wie Timisoara, Sibiu (Hermannstadt), Brasov (Kronstadt), Cluj-Napoca (Klausenburg) und Iasi.
Protestbewegung abgeflaut
Erst Anfang Juli war die angesehene Sonderstaatsanwältin Laura Kövesi auf Betreiben der Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila entlassen worden. Kövesi hatte zahlreiche Politiker der Korruption überführt und ins Gefängnis gebracht.
Dancila gilt wiederum als Marionette des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea. Er kann derzeit nicht selbst Ministerpräsident werden, weil er wegen der Manipulation von Wahlen vorbestraft ist, kontrolliert aber die Regierung.
Seit Februar 2017, als die PSD-Regierung mit einer ersten Eilverordnung die Korruptionsbekämpfung erschweren wollte, gehen die Rumänen immer wieder in grosser Zahl auf die Strasse. Zuletzt war aber die Protestbewegung abgeflaut. Die Kundgebungen am Wochenende waren die grössten seit Monaten.
Eigens aus Ausland angereist
Erstmals hatten Auslandsrumänen zu den Märschen aufgerufen. Viele von ihnen verbringen den Sommer in der Heimat, manche reisten eigens zu den Demonstrationen an. Sie hatten sich über soziale Netzwerke verabredet und für die Märsche geworben.
"Ich protestiere, weil dieses Land von einem verurteilten Straftäter geführt wird", sagte ein Demonstrant in den ARD-"Tagesthemen". "Viele hier waren glücklich, als die Auslandsrumänen gekommen sind, um friedlich zu demonstrieren", sagte ein anderer Teilnehmer.
Erstmals kam es durch vermummte, gewaltbereite Demonstranten allerdings auch zu gewalttätigen Auswüchsen. Ein paar Dutzend Vermummte versuchten am Freitagabend, den Regierungssitz in Bukarest zu stürmen - daraufhin ging die Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor.
Die Polizei nahm 33 Personen vorläufig fest. Für zwei von ihnen beantragte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft, wie die Behörde am Sonntag mitteilte.
Polizeigewalt verurteilt
Staatspräsident Klaus Iohannis verurteilte die aus seiner Sicht übermässige Polizeigewalt. "In einer echten Demokratie hat jeder das Recht zu demonstrieren, doch ist Gewalt - unabhängig von den politischen Ansichten - inakzeptabel", schrieb der bürgerliche Politiker mit deutschen Wurzeln aus Sibiu bzw. Hermannstadt auf seiner Facebook-Seite.
Der Vorsitzende der oppositionellen Mitte-Rechts-Partei PNL, Ludovic Orban, warf der Regierungspartei PSD vor, gewalttätige Provokateure unter die Demonstranten eingeschleust zu haben, um letztere zu diskreditieren. Sie seien aus der Szene der Fussball-Hooligans rekrutiert worden, mutmasste er. (sda/dpa/afp)
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