Ende der Geldflut in Sicht
Sparer müssen allerdings noch bis mindestens Sommer 2019 mit dem Zinstief leben. Das machten die Währungshüter nach ihrer auswärtigen Sitzung am Donnerstag in der lettischen Hauptstadt Riga deutlich.
Zunächst will die EZB die Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen vorsichtig abschmelzen. Derzeit pumpt die Notenbank pro Monat 30 Milliarden Euro in den Markt. Dabei soll es bis einschliesslich September bleiben. Sollte sich die Inflation weiterhin wie zuletzt entwickeln, will die Notenbank von Oktober bis einschliesslich Dezember monatlich noch 15 Milliarden Euro in Wertpapiere stecken.
Applaus für EZB
"Es ist sehr zu begrüssen, dass das Kaufprogramm der EZB beendet wird", lobte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Normalisierung der Geldpolitik." Der Dax drehte nach Bekanntgabe der EZB-Entscheidung ins Plus.
Eine Hintertür lässt sich die Notenbank jedoch offen. EZB-Präsident Mario Draghi betonte: "Der EZB-Rat ist in jedem Fall bereit, alle seine Instrumente angemessen anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation weiterhin nachhaltig in Richtung des Inflationsziels des EZB-Rats bewegt."
Inflation anheizen
Unabhängig davon wird die Notenbank auf bislang noch unbestimmte Zeit ein grosser Spieler am Anleihenmarkt sein: Gelder aus auslaufenden Papieren werden wieder investiert. Seit Beginn des Kaufprogramms im März 2015 hat die Notenbank Wertpapiere im Gesamtwert von gut 2,4 Billionen Euro erworben. Das viele billige Geld soll der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge helfen und zugleich die Teuerung anheizen.
Mittelfristig strebt die EZB Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das könnte die Konjunktur abwürgen.
Im Mai stieg die Jahresinflationsrate im Euroraum nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat getrieben vor allem von höheren Energiepreisen auf 1,9 Prozent. Die EZB erwartet sowohl in diesem Jahr als auch 2019 und 2020 eine Jahresteuerung von 1,7 Prozent.
Weniger Optimismus
Bezüglich der Konjunkturaussichten für den Euroraum zeigten sich die Währungshüter etwas weniger optimistisch als noch im März. Mit Sorge betrachten die Währungshüter wachsende Handelskonflikte - etwa zwischen den USA und der EU.
Im laufenden Jahr traut die EZB dem Euroraum 2,1 Prozent Wachstum zu, im März war die Notenbank noch von 2,4 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgegangen. 2019 soll die Wirtschaft der 19 Länder unverändert um 1,9 Prozent zulegen.
Dass die EZB trotz der jüngsten Konjunkturabkühlung und wachsender Handelskonflikte das Ende der Anleihenkäufe in Aussicht stellt, hat auch damit zu tun, dass das Programm allmählich an Grenzen stösst. In mehreren grossen Euroländern, darunter Deutschland, nähert sich der Anteil der von der EZB erworbenen Staatsanleihen einem Schwellenwert von einem Drittel aller umlaufenden Schuldtitel.
Diese Grenze hat sich die EZB selbst gesetzt, um sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, sie betreibe Staatsfinanzierung mit Hilfe der Notenpresse.
Leitzins weiterhin auf Rekordtief
Den Leitzins im Euroraum hält die EZB wie erwartet weiterhin auf dem Rekordtief von null Prozent. Zudem müssen Geschäftsbanken, die Geld bei der EZB parken, dafür weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Das Zinsniveau dürfte sich nach Einschätzung der Währungshüter bis mindestens Sommer 2019 nicht ändern.
Die EZB solle die Zinswende "möglichst bald im Jahr 2019" einläuten, mahnte Andreas Martin, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR): "Strafzinsen auf Bankeinlagen bei der EZB passen nicht zu einem Währungsraum, der sich im vierten Jahr des Aufschwungs befindet."
Fed als Vorreiterin
In den USA schreitet die Normalisierung der Geldpolitik längst voran: Die Notenbank Fed erhöhte am Mittwoch den Leitzins um weitere 0,25 Punkte auf eine Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent. So hoch waren die US-Zinsen zuletzt 2008 vor dem Höhepunkt der Finanzkrise. Und die Fed signalisierte für 2018 zwei weitere Zinsanhebungen.
Ausnahmsweise tagte der EZB-Rat am Donnerstag nicht am Sitz der Zentralbank in Frankfurt, sondern in Riga - allerdings ohne den dortigen Zentralbankchef: Ilmars Rimsevics darf sein Amt wegen laufender Korruptionsermittlungen derzeit nicht ausüben. Die EZB hat deswegen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingelegt. (sda/awp/dpa)
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