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Roger Federer erklärt seine lange Pause

Bevor Roger Federer heute nach zweieinhalbmonatiger Pause sein Comeback gibt, spricht er mit Schweizer Journalisten über sein Knie, die gescheiterte Schweizer Olympiakandidatur oder das Älter werden.
Locker und gut gelaunt: Roger Federer erläutert die Gründe für seine lange Pause und den Verzicht auf die Sandplatzsaison
Locker und gut gelaunt: Roger Federer erläutert die Gründe für seine lange Pause und den Verzicht auf die Sandplatzsaison (Bild: KEYSTONE/AP dpa/SEBASTIAN GOLLNOW)

Das Timing von Roger Federer stimmte am Dienstag wieder einmal perfekt. Wenige Minuten, nachdem er sein Training mit dem Belgier Ruben Bemelmans auf dem Aussenplatz 4 beendete, beginnt es in Stuttgart zu schütten. Entsprechend locker zeigt er sich beim Medientermin, den die ATP extra für die sieben Journalisten aus der Schweiz organisierte. Einzig der Saal über dem Spieler-Restaurant musste erst geräumt werden. Wegen des Regens hielten sich viele Spieler hier auf, doch dem König machten sie bereitwillig Platz.

Roger Federer, die Rasensaison steht bevor. Macht es für Sie einen grossen Unterschied, ob Sie auf Hartplatz oder Rasen trainieren?

"Nicht mal unbedingt. Auf Hartplatz kannst du so richtig durchziehen, dich perfekt bewegen. Auf Rasen musst du immer so ein bisschen aufpassen. Aber es ist schön, wenn du ein bisschen auf Rasen spielen kannst, auch wegen des Muskelkaters, damit sich der Körper daran gewöhnt. "

Sie haben Muskelkater?

"Am Anfang am unteren Rücken und am Gesäss. Du bist die ganze Zeit in der Vorwärtsbewegung. Ich spüre das in der Wade, die Muskulatur wird schnell mal müde. Aber ich habe jetzt bei Weitem genug auf Rasen trainieren können und bin ready. (lacht) Das ist natürlich keine Garantie, dass es auch gut läuft.

Auf Sand hatten Sie mehr Angst um Ihr operiertes Knie. Können Sie das erklären?

"Angst ist jetzt ein bisschen übertrieben. Das war im letzten Jahr noch so, als wir nicht so genau wussten, wie das Knie auf Sand reagieren würde. Seit ich 2017 zurückgekommen bin, hatte ich ja nie mehr Knieprobleme. Das Problem war einfach diese Phase im 2016, als das Knie immer so komisch reagiert hat. Ich weiss nicht, ob das etwas mit Sand zu tun hatte oder einfach mit der Phase, in der ich grade war. Ich weiss nicht, was das Problem war. Ich kann mir das heute noch nicht erklären, Dani (der Physiotherapeut) und der Doktor auch nicht. Ich bin aber überzeugt, dass ich auf allen Belägen wieder gut spielen könnte. Wichtig ist für mich die Planung. Wie viel ist zu viel? Ich musste früher lachen, wenn Agassi nie mehr als zwei Turniere am Stück spielte. Aber heute weiss ich, warum er das gemacht hat, weil es einfach zu viel wäre, wenn du 10 Matches innerhalb von 13 Tagen spielen müsstest."

Wie spüren Sie, dass Sie älter werden?

"Der grösste Unterschied für mich ist, wenn du mal ein Problem hast, zum Beispiel ein Rückenproblem. Dann bleibt es einfach länger. Früher warst du innerhalb von zwei Tagen fast wieder bei 100 Prozent. Zwei Wochen nach dem letzten US Open hatte ich, für mich völlig überraschend, immer noch Probleme. Und sonst? Vielleicht brauchst du ab und zu mehr Schlaf. Vielleicht habe ich früher einfach immer mehr geschlafen, ich weiss es nicht. (alle lachen) Du hattest ja sonst nichts zu tun auf der Tour mit dem Coach. Ich habe das Gefühl, ich brauche im Minimum acht, neun Stunden."

Sie entschieden sich kurzfristiger für den Start in Stuttgart als früher. Entscheiden Sie mit zunehmendem Alter alles kurzfristiger?

"Nicht unbedingt, eigentlich ist es für mich besser, wenn ich weiss, was kommt. Was ich nicht will: Sagen, ich spiele ein Turnier, und dann später rausziehen. Das ist für mich ein 'Versecklen' der Zuschauer. Ich bin bekannt dafür, dass ich auch komme, wenn ich mich für ein Turnier eingeschrieben habe - und auch mein Bestes gebe. Sonst ist es das Schlimmste für das Turnier und die Fans."

Sie sagten, es sei nicht sicher, ob Sie nächstes Jahr die Sandplatzsaison bestreiten. Das klingt aber, als wären Sie sicher, dass Sie nächstes Jahr noch spielen?

"Ja, das ist der Plan. Ich gehe davon aus, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit noch spielen werde, aber eine Garantie hast du nie, vor allem wenn du älter wirst. Aber es ist auch nicht der Fall, dass ich sage: Sandplatz sicher nicht. Es ist offen. Ich habe das Gefühl, dass ich mehr spielen muss als ein Turnier, wenn ich auf Sand spielen will. Wenn ich die Erwartung habe, zumindest eine kleine Chance auf den Turniersieg zu haben, dann müsste ich im Vorfeld von Paris zwei bis drei Turniere bestreiten. Das gilt umso mehr, als ich lange nicht mehr auf Sand gespielt habe. Wenn mir Paris wichtig wäre, müsste ich mit der Vorbereitung wohl schon im Dezember anfangen. Ich bin mit der Meinung, ich könnte 'einfach etwas spielen gehen', nicht einverstanden. Ich habe höhere Ansprüche. Der Fan soll möglichst den besten Roger Federer sehen. Sonst denken sie, schön ist er da, und dann werde ich niedergemetzelt. Das kann nicht das Ziel sein. Ich bin gut, aber auch ich brauche gute Vorbereitung, damit ich mit allen mithalten kann."

Ist nun die Sandplatzsaison die ruhigste Zeit im Jahr?

"Ja. Ich wünsche mir aber immer noch mehr freie Tage. Schön wäre eine Woche, wo ich nicht weiss, was ich machen soll. Trainieren? Pausieren? Kaffee trinken? Mit den Kindern spazieren? Jetzt ist alles oft durchgeplant."

Wie beurteilen Sie das Nein zu den Olympischen Winterspielen im Wallis?

"Ich habe gespürt, dass es so kommt, dass die Schweiz noch nicht ready ist. Wir haben etwas das Vertrauen verloren, in die grossen Verbände, auch in Bezug auf den Grössenwahn, wo man vielleicht übertrieben hat. Auch glauben die Leute vielleicht nicht daran, dass Olympia so nachhaltig sein könnte wie propagiert. Ich sehe das schon auch so, auch bei der Fifa. Immer mehr, nur noch Superlative. Das ist überall dasselbe. Für Winterspiele wäre die Schweiz ja prädestiniert. Ich hoffe, das ist nur eine Phase, und es gibt in der Schweiz mal Olympia."

Rafael Nadal und Sie haben die letzten sechs Grand-Slam-Turniere gewonnen. Sind Sie beide so gut oder die jüngeren zu schlecht?

"Es ist vermutlich ein Mix aus beidem, es ist schwer, das zu beantworten. Natürlich ist es schön, aber es ist auch schön, wenn es mehr Wechsel gibt. Aber für mich und Rafa gegen Ende unserer Karrieren ist es unglaublich, dass wir das noch einmal so erleben dürfen. Für uns beide ist das natürlich der Traum, der in Erfüllung gegangen ist." (sda)

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