Rückschlag für Kindergärtnerinnen
Die erste sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in Luzern ist am Mittwoch in einer öffentlichen Beratung zum Schluss gelangt, dass die involvierten 24 Kindergärtnerinnen vor dem Schaffhauser Obergericht nicht glaubhaft gemacht hätten, dass eine Lohndiskriminierung vorliege.
Das Gleichstellungsgesetz verlangt, dass eine solche Diskriminierung glaubhaft gemacht und nicht bewiesen werden muss. Es liegt dann am Arbeitgeber, das Dargelegte zu widerlegen.
Die Mehrheit von drei Richtern war der Ansicht, dass die Kindergärtnerinnen nicht aufgezeigt hätten, im Vergleich zu welcher Berufsgruppe mit einem gleichwertigen Tätigkeitsfeld sie lohnmässig diskriminiert würden. Dies sei jedoch notwendig und entspreche der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
"Ausreichend Indizien"
Die Minderheit mit zwei Richtern (beide SP) war hingegen - wie das Schaffhauser Obergericht - der Auffassung, dass die Diskriminierung glaubhaft gemacht worden und damit die Beschwerde des Regierungsrats abzuweisen sei.
Wie das Obergericht stützten sich die beiden Richter auf Indizien. So hatte der damals zuständige Regierungsrat in einer Budgetdebatte im November 2007 gesagt, dass es sich beim Beruf der Kindergärtnerinnen um einen "typischen Frauenberuf" handle, der "unterbezahlt war".
Die Löhne der Kindergärtnerinnen waren bei der Überführung in das neue Besoldungssystem gegen oben angepasst worden. Jüngere Kindergärtnerinnen erhielten neu 1000 Franken mehr pro Monat. Ältere Mitarbeiterinnen verdienten neu hingegen nur rund 400 Franken mehr.
Alle befanden sich neu im Lohnband 8. Dieses Lohnband ist wiederum unterteilt. Als weiteres Indiz für eine Diskriminierung führten die beiden unterlegenen Richter ins Feld, dass es nur bei den Kindergärtnerinnen bei der Einstufung innerhalb des Lohnbandes eine grosse Häufung im Lohnbandbereich c gebe.
Aus dem Urteil des Obergerichts geht hervor, dass auch Kindergärtnerinnen mit mehr als 40 Dienstjahren im Bereich c eingeordnet worden seien. Bei typischen Männerberufen lägen die meisten Arbeitnehmer mit mehr als 20 Dienstjahren hingegen in den Bereichen d und e.
Ungleiche Behandlung
Die erfahrenen Kindergärtnerinnen hatten vor dem Schaffhauser Obergericht auch eine rechtsungleiche Behandlung gegenüber den jüngeren Kindergärtnerinnen bei der Überführung in das neue Besoldungssystem geltend gemacht. Das Obergericht musste sich mit dieser Frage bisher nicht befassen. Nun muss es dies nachholen.
Anders als bei einer Lohndiskriminierung, die nach dem Gleichstellungsgesetz festgestellt wird, kann bei einer rechtsungleichen Behandlung der Lohn nicht rückwirkend eingefordert werden. Massgebend wäre deshalb der Zeitpunkt der Einreichung ihres Begehrens im März 2011.
Lohnnachzahlungen gefordert
Seit November 2005 gilt für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der kantonalen Verwaltung ein Besoldungssystem, das auch bei den Lehrkräften angewandt wird. Bei diesem System wird jeder Angestellte einem bestimmten Lohnband gemäss seiner Funktion zugeordnet. Massgebend für die Einreihung in dieses System war bei der Einführung der jeweils aktuelle Lohn. Die Kindergärtnerinnen wurden alle im Lohnband 8 eingereiht.
Verschiedene Kindergärtnerinnen reichten Ende März 2011 beim Schaffhauser Erziehungsdepartement ein Begehren ein. Sie verlangten die Feststellung, dass ihre Besoldung gegen die Vorgaben hinsichtlich Gleichstellung der Geschlechter verstosse. Damit verbanden sie die Forderung um Lohnerhöhung mit Wirkung ab Januar 2007.
Das Erziehungsdepartement und in der Folge auch der Regierungsrat wiesen das Begehren der Kindergärtnerinnen ab. Erst das Obergericht hiess die Beschwerde der Frauen gut. Es stellte fest, dass die seit der Einführung des neuen Besoldungssystems ausbezahlten Löhne der Kindergärtnerinnen die Lohngleichheit verletzten.
Deshalb wies es die Sache zurück an den Regierungsrat, um diskriminierungsfreie Löhne festzusetzen. Gegen den Entscheid des Obergerichts reichte der Regierungsrat jedoch Beschwerde beim Bundesgericht ein. (Urteil 8C_56/2017 vom 21.02.2018) (sda)
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