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Etappenziel der Brexit-Gespräche verfehlt

Die Brexit-Verhandlungen haben ihr erstes Etappenziel klar verfehlt. Es gebe nicht genug Fortschritte, um die zweite Phase der Gespräche zu starten, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier. Im Streit um die Schlussrechnung gebe es sogar eine "Blockade".
Kaum Fortschritte nach der fünfte Brexit-Verhandlungsrunde: EU-Chefunterhändler Michel Barnier (rechts) hat am Donnerstag in Brüssel bei der Fragen der Schlussrechnung gar von einer "Blockade" gesprochen. Sein britischer Gegenspieler David Davis sah hingegen "bedeutende Fortschritte seit Juni".
Kaum Fortschritte nach der fünfte Brexit-Verhandlungsrunde: EU-Chefunterhändler Michel Barnier (rechts) hat am Donnerstag in Brüssel bei der Fragen der Schlussrechnung gar von einer "Blockade" gesprochen. Sein britischer Gegenspieler David Davis sah hingegen "bedeutende Fortschritte seit Juni". (Bild: KEYSTONE/AP/OLIVIER MATTHYS)

Zwar sei die Gesprächsatmosphäre "konstruktiv" gewesen, es gebe aber keine "grossen Schritte vorwärts", sagte Barnier am Donnerstag zum Abschluss der fünften Gesprächsrunde in Brüssel.

Grossbritannien will Ende März 2019 aus der EU austreten. Um einen möglichst "sanften" Übergang zu gewährleisten, wollten die Unterhändler ursprünglich wichtige Fragen der Trennung bis Mitte Oktober klären.

Bei "genügenden Fortschritten" hätten dann die EU-Staats- und Regierungschefs an ihrem Oktober-Gipfel grünes Licht für den Start der Gespräche über die künftigen Beziehungen Brüssel-London geben sollen.

In nunmehr fünf Verhandlungsrunden konnte dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden. Barnier sagte daher, er könne dem EU-Gipfel kommende Woche nicht empfehlen, die zweite Phase der Verhandlungen einzuleiten.

Der EU-Chefunterhändler hofft jedoch auf entscheidende Fortschritte in den kommenden zwei Monaten, also bis Dezember. Gelinge dies nicht, würde ein umfassendes Austrittsabkommen immer unwahrscheinlicher - ein Szenario, das vor allem die Wirtschaft auf beiden Seiten fürchtet.

Barnier spricht von Blockade

Knackpunkt sind vor allem die finanziellen Forderungen der EU für gemeinsam eingegangene Verpflichtungen in der mehr als 40-jährigen Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs. Gemäss Barnier hatte die britische Premierministerin Theresa May versprochen, finanzielle Zusagen einzuhalten.

In der aktuellen Verhandlungsrunde sei dies aber nicht konkretisiert worden. "In dieser Frage stecken wir in einer Blockade", kritisierte der EU-Vertreter und bezeichnete dies als "besorgniserregend".

Brexit-Minister Davis stellte klar, dass das Vereinigte Königreich die finanziellen Zusagen erst im Zusammenhang mit den künftigen Beziehungen verhandeln wolle. In diesem Punkt sind sich beide Seiten also noch nicht einmal über die Abfolge einig.

Darüber hinaus ging es auch in dieser Runde um die künftigen Rechte der rund 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien und der 1,2 Millionen Briten in der übrigen EU. Hier stellten beide Seiten Fortschritte fest, aber auch noch viele Unstimmigkeiten.

Das gleiche gilt nach Darstellung von Davis und Barnier bei der Frage, wie die künftige EU-Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland durchlässig gestaltet werden kann.

Davis machte zudem deutlich, dass er die von der EU gewünschte Aufteilung in zwei Phasen nicht mehr akzeptiert. Der EU-Gipfel solle nächste Woche beschliessen, Barniers Verhandlungsmandat auszuweiten, sagte er.

Zeitplan stark gefährdet

Das gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich. Die 27 verbleibenden EU-Länder geben sich bisher nach aussen sehr einig. Sie sehen die Abfolge vor allem als Hebel, die Finanzforderungen durchzusetzen. Andernfalls würden sofort Milliardenlöcher im noch bis 2020 laufenden EU-Finanzrahmen klaffen.

Gelingt es aber nicht, bald in die zweite Phase einzutreten, wird dieser Zeitplan zunehmend unrealistisch. Hierbei geht es um eine von Grossbritannien gewünschte "tiefe und besondere Partnerschaft" - also vor allem ein Handelsabkommen, aber auch die Zusammenarbeit in Sicherheits- und anderen Fragen. Darüber hinaus soll über eine Übergangszeit gesprochen werden, um den Bruch für die Wirtschaft, aber auch für Bürger und Behörden sanfter zu gestalten.

Die EU verweist auf mögliche chaotische Folgen - von langen Staus an den Grenzen bis zu hohen Einfuhrzöllen auf beiden Seiten - können sich die beiden Seiten nicht einigen.

"Kein Deal wäre ein sehr schlechter Deal", sagte EU-Chefunterhändler Barnier. Anders sieht dies jedoch die britische Premierministerin Theresa May. Sie vertritt öffentlich die Ansicht, kein Abkommen sei besser als ein schlechtes. (sda/dpa/afp)

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